Peinlich: Schallkanone „Mosquito“ wird für OB Keller zum Rohrkrepierer
Ruhe am Rheinufer schaffen, indem man die Menschenmenge mit ultrahohen Störgeräuschen auseinandertreibt – das war der Plan von Oberbürgermeister Stephan Keller. Nach Negativschlagzeilen über Gewalt mit Todesfolge unter feiernden Jugendlichen hatte die Boulevardzeitung „Express“ zum Jahreswechsel diese Idee aufgebracht. Die Schallkanone namens „The Mosquito” erzeugt Schallwellen von 100 Dezibel im Bereich zwischen 17 und 18,5 Kilohertz, die das Gehör von Menschen unter 25 Jahren quälen.
Mit der Idee rannte der Express beim CDU-OB offene Türen ein: Keller bestätigte der Redaktion Anfang Januar, den Einsatz der Schallkanone „The Mosquito“ prüfen zu lassen. Damit korrigierte er seinen eigenen Stadtsprecher, der die Pläne zuvor dementiert hatte. Alle Menschen unter 25 Jahren aus der Partyzone Altstadt vertreiben, um Recht und Ordnung durchzusetzen – das schien dem OB wohl angemessen.
Die Vertreter:innen dieser Generation im Jugendrat waren zu Recht empört und bald auch die ganze Öffentlichkeit. DIE LINKE kritisierte die Pläne von OB Keller in diesem Zusammenhang als verantwortungslos, weil bleibende Hörschäden durch den „Mosquito“-Einsatz nicht auszuschließen sind.
DIE LINKE traut dem OB nicht – zu Recht
Der öffentliche Backlash war deutlich, aber offiziell aufgegeben hat Keller seine Pläne nie. Es blieb seinem grünen Kooperationspartner überlassen, die Jugendratsmitglieder zu beschwichtigten; die Schallkanonen würden nicht kommen. Nur DIE LINKE Ratsfraktion blieb misstrauisch und fragte im Büro des Oberbürgermeisters mehrfach nach, ob die „Mosquito“-Pläne tatsächlich zu den Akten gelegt wurden. Es kam keine Antwort.
Das Misstrauen der LINKEN war leider berechtigt: Pünktlich zum Landtagswahlkampf 2022 holte der CDU-Oberbürgermeister die Schallkanonen wieder hervor. Keller präsentierte sich gemeinsam mit CDU-Innenminister Reul auf einem Termin zu einem Pilotprojekt Altstadt-Sicherheit. Im Rahmen des Pressetermins erwähnte Keller erneut, dass der Einsatz von Schallkanonen geprüft werde. Das war wohl ein Versuch, die CDU im Landtagswahlkampf als Partei für Recht und Ordnung darzustellen.
Einem Antrag der LINKEN zustimmen?
Die erneute Drohgebärde gegen alle jungen Menschen brachte DIE LINKE und den Jugendrat auf die Barrikaden. Und nicht nur die: Altstadtwirte, Polizeigewerkschafter und sogar konservative Zeitungskommentator:innen verdammten die Idee des Oberbürgermeisters.
Der Druck auf Keller und seine schwarz-grüne Ratsmehrheit war enorm, als DIE LINKE zur Ratssitzung am 19. Mai eine Entscheidung des Stadtrates gegen den Einsatz der Schallkanonen beantragte. Die Grünen konnten nicht gegen den Antrag der LINKEN und damit für Schalleinsatz gegen Jugendliche stimmen. Ihr Kooperationspartner CDU würde aber keinem LINKEN-Antrag zustimmen.
Als das Thema aufgerufen wurde, verkündete Ordnungsdezernent Christian Zaum dann überraschend, den Rückzieher seines Oberbürgermeisters: „Ich habe gestern Abend mit der Polizei eine finale Abstimmung dazu geführt und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir diese Maßnahme nicht weiter verfolgen.“
CDU und Grüne zogen damit die Notbremse für eine falsche und gefährliche Idee des Oberbürgermeisters. Das könnte man auch vorauseilenden Gehorsam nennen, weil der wesentliche Teil des Antrags der LINKEN erfüllt wurde. Tatsächlich war es für die CDU-Grüne Mehrheit im Düsseldorfer Stadtrat Schadensbegrenzung. Ihr Oberbürgermeister hat einen Fehler begangen, der so offensichtlich war, dass ein Antrag der linken Opposition kaum abzulehnen war. Diesen Erfolg wollte man der LINKEN nicht gönnen.
DIE LINKE ließ ihren Antrag trotzdem zu Abstimmung stellen – denn eines enthielt die Abbitte nicht, die Ordnungsdezernent Zaum für seinen Oberbürgermeister leistete: Ein Versprechen, das Projekt Schallkanone nicht zum dritten Mal hervorzuholen, sondern endgültig zu begraben.
Julia Marmulla, Fraktionssprecherin der LINKEN erklärte: „Da wir das Thema schon zum zweiten Mal in der Öffentlichkeit haben, ist es uns wichtig, aus dem politischen Raum zu sagen: Wir wollen keine Überlegungen mehr zu diesen Mosquito-Geräten. Die Geräte treffen alle Menschen bis 25 – das ist jugendfeindlich und diskriminierend. Das ist gesundheitsgefährdend.“
Grüne und CDU stimmten gegen diese eindeutige Positionierung im LINKEN-Antrag. Grund genug, wachsam zu bleiben.