Die “gottloseste Stadt NRWs”, wie die Rheinische Post sie 2006 nannte, holt den evangelischen Kirchentag 2027 nach Düsseldorf – und bezahlt dafür fast 6 Millionen Euro.
Die Zahl der Düsseldorfer Christ:innen aller Konfessionen ist seit 2006 weiter gesunken: Laut städtischer Erhebung von 55,74 auf 43,28 Prozent. Evangelische Christ:innen sind in der Landeshauptstadt sowieso in der Diaspora – ihr Anteil an der Stadtbevölkerung ist auf knapp 16 Prozent geschrumpft.
Trotzdem schlug die Stadtverwaltung dem Düsseldorfer Rat vor, den evangelischen Kirchentag 2027 mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 4,3 Mio. Euro und mit Sachleistungen und Personalstellen im Wert von weit über 1,5 Mio. Euro zu unterstützen. Der Düsseldorfer Kirchentag kostet die Stadt also doppelt so viel wie der evangelische Kirchentag 2019 die Stadt Dortmund gekostet hat (damals 2,3 Mio. Euro).
DIE LINKE Ratsfraktion beantragte im Stadtrat, dass die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihren Kirchentag ohne städtische Förderung finanziert. Das könnte sie ohne Weiteres – die EKD nimmt jährlich zwischen 5,5 und 6 Mrd. Euro an Kirchensteuern ein. Die Kirchensteuer macht zudem laut EKD nur 45% ihrer Einnahmen aus; das heißt, sie nimmt pro Jahr über 12 Mrd. Euro ein.
Eine klare Trennung von Staat und Kirche forderte auch der säkulare Verein “Düsseldorfer Aufklärungsdienst”. Am Tag der Entscheidung protestierte der Verein mit einer von Jacques Tilly gestalteten Moses-Figur vor dem Rathaus. “11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!” verkündet Tillys Moses. Vor allem CDU-Ratsmitglieder wandten auf dem Weg ins Rathaus den Blick ab.
Im Ratssaal stand die CDU-Fraktion, obwohl eher katholisch, dann wie eine feste Burg zur evangelischen Kirche. Das Gejohle gegen die Kritiker:innen des Kirchentags fühlte sich so gar nicht nach der “modernen Großstadt-CDU” an, die sie in Düsseldorf angeblich sein will. Einfach nur peinlich: Grüne und CDU bestritten einfach, dass der Kirchentag eine kirchliche Veranstaltung sei. Die Finanzierung hätte die Kirche schließlich in einen eingetragenen Verein ausgelagert. Und es würden ja auch Nicht-Christen am Kirchentag teilnehmen. Und wenn der Kirchentag billiger würde, müssten die Mittel nicht abgerufen werden.
Aber auch andere Fraktionen im Düsseldorf Rat hatten Probleme, der EKD Geld zu verweigern. Die SPD war bei dem Thema heillos zerstritten. Die FDP als “liberale” Partei versuchte sich herauszuwinden: Ihr Fraktionsvorsitzender Neuenhaus forderte eine klare Trennung von Staat und Kirche, beantragte aber nur eine Halbierung der Fördersumme für den Kirchentag. LINKEN-Fraktionssprecherin Anja Vorspel beantragte die völlige Streichung der Förderung und fragte Neuenhaus provokant, ob die FDP denn auch die Trennung von Staat und Kirche halbieren wolle. Den Vorwurf an Neuenhaus griff sogar CDU-Oberbürgermeister Keller auf, der ganz klar vom Versuch der FDP verärgert war, es sich mit niemandem zu verderben.
DIE LINKE kritisierte, dass CDU und Grüne gerne Millionen für prestigeträchtige Projekte verschleudern und anschließend die Unterstützung für Sozialprojekte drastisch kürzen. So hatten CDU und Grüne in der letzten Haushaltsdebatte den Opernneubau für 650 Mio. Euro beschlossen und am gleichen Tag Sozialprojekten der Wohlfahrtsverbände und -vereine die Hälfte der Mittel gestrichen.
Die Änderungsanträge von LINKER und FDP wurden von Schwarz-Grün niedergestimmt. Am Ende stimmte die CDU geschlossen der städtischen Teil-Finanzierung des Kirchentags zu. Bei den Grünen gab es nur eine Handvoll Abweichler:innen. Die SPD hatte die Abstimmung freigegeben. Mit 48 zu 17 Stimmen stimmte der Düsseldorfer Stadtrat der 6-Millionen-Förderung des Kirchentags zu. DIE LINKE stimmte geschlossen dagegen.