Ein Rückblick auf die Haushaltsentscheidungen des Düsseldorfer Stadtrats
Vieles über die Zukunft einer Stadt lässt sich ohne Kristallkugel vorhersagen. Meist reicht es, sich die Haushaltsplanung für das nächste Jahr anzuschauen. Während der Haushaltsberatung des Düsseldorfer Stadtrats am 14. Dezember 2023 konnte man im Livestream das Entstehen dieser Zukunft mitverfolgen.
Die meisten Haushaltsreden befassten sich ausführlich mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza. Den Fraktionssprechern von CDU und FDP ging es in ihren Reden auch und vor allem um eine ersehnte „Weltgeltung“ der Stadt Düsseldorf. Leider spielte die soziale Lage der Menschen in Düsseldorf in der Debatte eine untergeordnete Rolle.
Entscheidend ist eben manchmal, was keinen Platz in einer Rede findet: Der CDU-Oberbürgermeister Stephan Keller widmete schon bei der Einbringung des Haushalts dem Bereich „Soziales“ nur wenige Sekunden – mit einer Aussage aus der Mottenkiste des Marktradikalismus: Das „dichte soziale Netz“ in Düsseldorf sei nur möglich durch „konsequent wirtschaftsfreundliche Politik“. Kurz gesagt, “geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut”.
Drei Monate später hielt nun auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Tups im Stadtrat seine Haushaltsrede. Tups Rede enthielt viel Eigenlob – und keine einzige Silbe zum Thema Sozialpolitik. Für die Haushaltsbeschlüsse ließ das Böses ahnen.
Im Gegensatz zu ihrem Kooperationspartner ließen die Grünen das Thema Soziales nicht einfach weg. Fraktionsvorsitzende Angela Hebeler sprach geplante, drastische Sozialkürzungen an, die nun dank der Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer nicht nötig seien. Grünes Profil suchte Hebeler beim Thema Rassismus: Man müsse Vorurteile in den Köpfen bekämpfen, indem man “diskriminierungssensibel” rede. Ob diese Ankündigung die AfD und Rassist:innen beeindruckt, mag man bezweifeln. Der Rest von Hebelers Rede offenbarte eine gewisse Doppelbödigkeit: Milliarden für eine Oper ausgeben ja, aber bitte nicht jetzt. Günstige Wohnungen ja, aber bitte nicht durch eine Wohnungsbauoffensive.
Für DIE LINKE Ratsfraktion konzentrierte Ratsmitglied Sigrid Lehmann einen Großteil ihrer Haushaltsrede auf genau das Thema, das CDU und Grüne vermieden: Sie forderte, das Abrutschen von Düsseldorfer Haushalten in die Armut aufzuhalten, das durch Kürzungspolitik der Bundes- und Landesregierung droht. Die Nothilfen des Stärkungspakts will DIE LINKE weiterführen und die nächste Welle von Energie-Preiserhöhungen durch einen Sozialtarif bei den Stadtwerken abfedern. Eine klimafreundliche Verkehrspolitik soll durch einen Sozialrabatt auf das Deutschlandticket und günstige Lastenräder für finanzschwache Haushalte eingeleitet werden. Außerdem beantragte DIE LINKE jährlich 20 Millionen Euro für Grundstücke für sozialen, kommunalen Wohnungsbau. Die Milliarde(n) für eine neue Oper will sich DIE LINKE sparen.
Die SPD zeigte sich in der Debatte nachvollziehbar grummelig. Dass sie für ihre Zustimmung zu den milliardenteuren Opernplänen des Oberbürgermeisters keinerlei politische Dividende ausgeschüttet bekommt, ist ihr mittlerweile aufgegangen. Der CDU-OB hat dazu noch die Forderung der SPD nach einer „Wohnungsbauoffensive“ für sich vereinnahmt – aber ohne einen müden Euro für ihre Umsetzung zu verplanen. Mit dem Näherrücken der Kommunalwahl wird die SPD-Ratsfraktion die Strategie ihres Altvorsitzenden Raub wahrscheinlich kritisch hinterfragen.
Sabrina Proschmann arbeitete sich in ihrer ersten Haushaltsrede als Fraktionsvorsitzende der SPD aber vor allem an mutmaßlichen Konflikten innerhalb der Schwarz-Grünen Kooperation ab. Sie lobte auch – verständlicherweise, ohne den Namen Geisel zu nennen – die Politik der vergangenen, SPD-geführten Stadtregierung. Bei der konkreten Haushaltspolitik beschränkte die SPD sich auf sehr kleinteilige, stadtteilbezogene Forderungen. Ein großes Sozialprojekt oder neue Ideen waren nicht dabei.
Wer die Haushaltsreden gehört hatte, war auf die Entscheidungen vorbereitet, die der Rat mit CDU-Grüner Mehrheit in den nächsten Stunden traf: Statt in günstige Mietwohnungen oder eine bezahlbare Energieversorgung zu investieren, brachte die CDU-Grünen-Kooperation ein Modell auf den Weg, mit dem Privathaushalte Kunstwerke auf Kredit kaufen können. Statt einem Queeren Zentrum soll es einen neuen Sportplatz für den Trendsport „Padel-Tennis“ geben. Zum Teil wirkte Schwarz-Grün hier provinziell oder peinlich.
Nur bei einer Frage hätte die CDU sich eine treuere Partnerin als die Grünen wünschen können – bei der Oper. CDU-Fraktionsvorsitzender Rolf Tups träumt, genau wie sein Oberbürgermeister, von einer „internationalen Metropole Düsseldorf“. Zur Metropole soll Düsseldorf durch den Bau des neuen Opernhauses für über 1 Milliarde Euro werden. Nachdem sie jahrelang begeistert von dem Leuchtturm-Projekt waren, wollen die Grünen es aber mittlerweile aufschieben. Doch die CDU kann in der Frage auf die Unterstützung von SPD und FDP bauen.
Abgesehen von ihren Weltstadt-Ambitionen nahm man der FDP in der Debatte wenig ab. Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Rohloff kritisierte hohe Ausgaben für den Schulbau, aber selbstverständlich nicht die Milliarde für den Opernneubau. Der Versuch der FDP, sich in jeder Debatte als Autofahrer-Partei aufzuspielen, ist mittlerweile einfach nur noch peinlich.
Kurz zusammengefasst, was der CDU-Oberbürgermeister im September ankündigte, setzte seine Ratsmehrheit aus CDU und Grünen im Dezember um: Niedrige Unternehmenssteuern, Kürzungen bei Sozialprojekten, Stillstand in der Verkehrs- und Klimapolitik. Und die Planung der Milliarden-Oper geht in ihre nächste Phase; die Gelder für einen Architekturwettbewerb haben CDU und SPD genehmigt.
Über 20 Anträge der LINKEN, die auf soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit abzielten, wurden abgelehnt. Sie können über einige davon in weiteren Artikel des R(h)einblicks lesen.